Lightweight – Testbericht

Lightweight!?
Diesen Namen kennt eigentlich jeder ambitionierte Radfahrer, seitdem die Herren Armstrong und Ullrich die Frankreichrundfahrt damit unsicher machten.
Doch was ist so besonderes an diesem Laufradsatz und was macht ihn so begehrenswert, dass man immer wieder umgelabelte Lightweights im Profizirkus entdeckt? Ein Testwochenende sollte Licht ins Dunkel bringen:

CarbonSports Lightweight

Die Laufradkonstruktion an sich ist schon ungewöhnlich. Im Gegensatz zu konventionellen Speichenräder, ist die Lightweight- Konstruktion eher mit einem Monocoque vergleichbar. Nachzentrieren oder Speichenwechsel? Unmöglich!
Doch genau dieser Umstand beschert den Rädern ein außergewöhnliches Gewichts-/Steifigkeitsverhältnis. Die aus Kohlefaser- und Kevlarfäden hergestellten Speichen reichen im Gegensatz zu herkömmlichen Speichen bis kurz unter die Bremsflanke und sind untrennbar mit der Felge verbunden. Jede einzelne Speiche widersteht dabei einer Zugbelastung von rund 1200 kg.

Die Lightweight Laufräder werden seit 2003 per Hand nach dem „Rezept“ ihrer Entwickler Dierl & Obermayer bei CarbonSports am Bodensee gefertigt. Die beiden Tüftler entwickelten die Laufräder schon 1995, seitdem sind unzählige Titel (Weltmeister 1996 Johan Museeuw, Tour de France Gewinn 1997 von Jan Ullrich usw…) mit diesen Rädern gewonnen worden. Kupfernagel, Badman und Leder im Damenbereich, Musseuw, Riis, Ullrich, Armstrong, Rasmussen, Pantani, Cipollini, Julich, Garzelli, Camenzind, Bölts, Voigt, Klier, Casero, Galdeano, Beloki, Leder, usw…im Herrenbereich, waren irgendwann mal mit Lightweight unterwegs. Alle Fahrer/innen haben aber eines gemeinsam: Keiner bekommt die Räder geschenkt, egal wie oft er/sie z.B. die Tour der France gewonnen hat! 😉

CarbonSports Lightweight

Zu den technischen Daten:
Die Felgen aus Kohlefasern sind 52.8mm hoch und an den Bremsflanken 19.5mm breit. Ein Mikrochip mit Produktionsdaten ist zu leichteren Abwicklung in Garantiefällen nun ähnlichem in die Felge einlaminiert. Auf Wunsch bekommt man auch einen 0.8Gramm schweren Magneten für einen Tacho eingearbeitet. Die Nabenkörper bestehen vorne wie hinten aus Kohlefasern. In der Vorderradnabe sind hauseigene Rillenkugellager eingesetzt, die Hinterradnabe 240s von DT Swiss sitzt in einer speziell für Lightweight modifizierten Hülse aus Carbon. Die Speichenräder sind in Ausführungen für 26 Zoll und 28 Zoll erhältlich. Das Vorderrad ist mit drei unterschiedlichen Speichenzahlen (12, 16 und 20 Speichen) verfügbar. Das Hinterrad hat stets 20 Speichen, mit Naben wahlweise für Shimano 9- und 10fach sowie für Campagnolo 9- und 10fach. Neben den Standardrädern gibt es die Modelle „Obermayer“ und „L´Alpe d´Huez“. Ein extraleichter Lagenaufbau der Felge (beim Modell L´Alpe d´Huez sogar nur fürs Bremsen in der Ebene geeignet) und leichtere Lager in der vorderen Felge, sowie eine MAG160 Hinterradnabe der Firma Tune bringen, je nach Speichenzahl des Vorderrades, rund 100Gramm Gewichtsersparnis.

Die Gewichte: (nach Speichenzahl)
Standard: 12/20: 1120g; 16/20: 1130g; 20/20: 1145g
Obermayer: 12/20: 1020g; 16/20: 1035g; 20/20: 1050g
L´Alpe d´Huez: 20/20 : 1030g

CarbonSports Lightweight

Fahrtest:

Als erstes muss man die Bedingungen erläutern. Als Vergleich- Laufradsatz diente ein konventionell aufgebauter Drahtlaufradsatz mit Tune Naben, Sapim cx-ray Speichen und American Classic Sprint 350 Felgen. Gewicht: 1240g.
Von vorne herein war klar, dass dieser Radsatz den Lightweights in Sachen Steifigkeit bei weitem nicht das Wasser reichen konnte, also kein reiner Vergleichstest. Aber bei Beschleunigungsversuchen am Berg sollte der konventionelle nicht allzu weit hinter den Kohlerädern hinterherhinken.
Es kam dann doch ganz anderes:
Nachdem das Gesamtgewicht inkl. Reifen ermittelt wurde: (Lightweight mit Conti Competition; Tune/AMC mit Vittoria Diamante und konventionellen Schläuchen)
1730g zu 1770g, also eins zu null für Lightweight.
Erster Fahrtest auf hügeliger Strecke bei viiiiiel Wind. Solange dieser direkt von vorne oder hinten kommt, kein Problem. Aber wehe, dieser weht von der Seite und ein Lkw kreuz den Weg. Man sollte dann nicht freihändig fahren! 😉
Dies ist der einzige kleinere Kritikpunkt der einem an so einem Testwochenende auffällt.

Nach einigen Kilometern zeigt sich dann der große Steifigkeitsvorteil der Lightweights. Im Wiegetritt, oder auch in extrem schnell gefahrenen Kurven, ist eher der Fahrer der limitierende Faktor. Technisch kompromisslos, beschleunigen die Räder was die Waden hergeben und laufen dabei wie auf Schienen.
Ein leichtes Vibrieren des Radsatzes bei ca. 50km/h ist auf den Schlauchreifen zurückzuführen. Dieser ist im Bereich des Ventils etwas „erhöht“. Dies ist bei den Conti Competition bekannt und auch eher marginal.
Das Bremsverhalten ist typisch für Kohlefaserfelgen. Im trockenen Terrain kein wesentlicher Unterschied zu herkömmlichen Kombinationen, fallen in nassen Bedingungen die Nachteile einer Kohlefaserfelge auf. Es braucht immer ein paar Sekunden, bis die Bremsbeläge das Wasser auf der Felge verdrängt haben und der Belag ausreichend greift.
Nach nun knapp 250 Kilometern und 3000hm, davon ca. 4h im strömenden Regen, bleiben eigentlich nur gute Erinnerungen an die Lightweights. Wäre da nicht der Preis! 😉

CarbonSports Lightweight

Fazit:
Die Räder bieten außerordentliche Eigenschaften, allem voran die extreme Steifigkeit im Grenzbereich. Leicht, schnell und optisch einfach anders, machen sie jedes Rad zur Profimaschine. Letztendlich setzt der Preis von rund 2500€ für die Standardversion und 3700€ für die Obermayer und natürlich der Fahrer die Grenzen! 😉
Zum Schluss noch ein Satz vom Entwickler: Bis heute hat es noch keiner geschafft, die Laufräder nachzubauen, auch ohne Patentschutz!
Hoffen wir, dass es so bleibt!

Schreibe einen Kommentar