Schon vergangenes Frühjahr hatten wir die Gelegenheit das neue Serum von Simplon ausführlich unter die Lupe zu nehmen. 2009 auf der Eurobike vorgestellt, löst das Serum seit 2010 das Pavo als Topmodell ab. Die Entwickler vom Bodensee hatten ein hochgestecktes Ziel: Ähnliche Steifigkeitseigenschaften (Verwindungssteifigkeit, Antrieb) wie beim Modell Pavo bei besserem Fahrkomfort und reduziertem Gewicht. Für Simplon ist die Verwindungssteifigkeit schon beim Pavo mehr als ausreichend hoch, so wurde das Serum nicht in Richtung ultrasteifer Rahmen entwickelt, zumal die Vorarlberger diese Richtung als nicht Vorteilhaft für den Fahrer ansehen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Das Serum erreicht ein Gewicht (Rahmen + Tretlager + Gabel + Steuersatz + Sattelstütze), das rund 265 Gramm unter dem des Pavo liegt.
Auffällig beim neuen Modell ist die integrierte Sattelstütze, die im Verlauf zum Sattel einen leichten Bogen beschreibt und so maßgeblich zum „neuen“ Komfort-Eindruck beitragen soll. Dazu später mehr. Eine weitere grundlegende Änderungen zur Nummer Zwei im Simplon-Regal ist der Steuerrohrbereich. Hier setzt man auf ein oberes Steuerlager mit klassischem 1,1/8″ Einbaumaß, das unteres Lager hat jedoch einen vergrößertes Maß von 1,1/4″. Im Fachjargon „tapered headset“ genannt, setzen in der jüngsten Vergangenheit immer mehr Hersteller auf diese Steuerrohrvariante. Man verspricht sich dadurch eine erhöhte Lenkpräzision und höhere Lebensdauer der verwendeten Lager. Durch integrierte Vorspannmöglichkeit im Fall des im Serum verbauten Steuersatzes von ACROS entfällt eine herkömmliche Spanneinheit.
Am Heck bestimmen filigrane, leicht gebogene Sitzstreben und dem gegenüber massive Kettenstreben das hintere Rahmendreieck.
Seitens der weiteren Komponenten setzen die Österreicher aus Bewährtes aus ihrem Baukastenprinzip. Das Serum ist in zwölf verschiedenen Ausstattungsvarianten erhältlich. Unser Testbike wurde mit der Variante SERUM Red 20C bestückt.
Diese umfasst die komplette Sram RED Gruppe mit Kompaktkurbel im 86,5-Press-Fit-Standard, Syntace F129 Vorbau und Racelite 2 Kohlefaserlenker. Mavics R-Sys Premium Laufräder mit montierten Schwalbe Ultremo Reifen stellen den Kontakt zur Fahrbahn her.
Alles in allem solide Komponenten, die das Gewicht auf knapp um die sechs Kilogramm treiben. Mit ein wenig Tuning ist man durchaus schnell sehr weit im unteren Fünfkomma-Bereich. Seitens der Funktion der RED ist nicht viel Neues zu sagen. Hat man sich als eingefleischter Shimano-, oder Campa-Fahrer einmal an das DoubleTap Schaltprinzip gewöhnt, gelingen einem die Gangwechsel nahezu intuitiv. Ebenso steht die Präzision der amerikanischen Gruppe nicht wirklich hinter Campagnolo oder Shimano zurück.
Nun zu den Fahreindrücken. Simplons Rennräder litten schon in der Vergangenheit nicht unter fehlender Steifigkeit. So auch beim neuen Serum. Der massive Tretlagerbereich mit dem eingesetzten Press-Fit Lager setzt den Kraftaufwand des Fahrers vehement in Vortrieb um, man hat zur keiner Zeit das Gefühl das die eingesetzte Pedalkraft irgendwo in den Fasern des Rahmens verpufft. Zugleich werden an der Front gegebene Lenkbefehle äußerst präzise ausgeführt. So machen gerade kurvige Abfahrten mit dem Serum sehr viel Spaß, ohne das das Rad extrem nervös reagiert – allenfalls recht leichtgängig könnte man meinen. Eine ausreichende Fahrtechnik im Grenzbereich ist dennoch von Vorteil.
Optisch auffällig ist die leicht gebogene integrierte Sattelstütze, die sich nahtlos aus dem Rahmen erhebt.
Doch die Nachteile dieser Konstruktion liegen auf der Hand. Man sollte lieber zweimal nachmessen bevor man den Sitzdom auf die passende Länge kürzt. Zwar ist die Sattelaufnahme um gut 20mm verstellbar, ist ein zu tiefes Kappen für den zukünftigen Fahrer aber von fataler Natur. Ebenso gestaltet sich der Transport in einem kleinen Fahrzeug oder im Radkoffer – gerade bei großen Rahmenhöhen – als schwierig.
Hat man aber einmal den passenden Abstand zwischen Tretlager und Satteldecke gefunden, erstaunt das System mit auf dem Papier propagierten Komfort auf ruppigen Untergrund. Belastungsspitzen werden leicht gefiltert an den Fahrer weiter gegeben, gerade soviel das man einen gewissen Federungskomfort registriert, ohne in unangenehmes „Wippen“ auszuarten. Bei all den vermeintlichen Vorteilen des Serums gegenüber dem Pavo ist es aber dennoch schön zu sehen, dass der „Klassiker“ aus Simplons Rennradlinie weiterhin im Programm bleibt. Vielleicht gerade für diejenigen Käufer interessant, die nichts mit einer integrierten Sattelstütze anfangen können und auf die bewährte Lösung setzten wollen.
Fazit:
Simplon hat mit dem Serum die Latte, welches das Pavo in den vergangenen Jahren gesetzt hat, nochmals ein kleines Stück weiter nach oben gelegt. Leicht, steif und dennoch ausreichend komfortabel lässt sich das 5649 Euro teure Serum mit viel Fahrspaß über die Landstraßen bewegen. Die Ausstattung lässt sich leicht an die persönliche Bedürfnisse anpassen und kommt, wie in unserem Falle, hervorragend montiert und eingestellt zum Endkunden. Wieder einmal ein gelungenes Rad aus Österreich…
Die Austattung unseres Testbikes in Größe 55cm:
Rahmen: HotMelt-NanoCarbon mit SCS+ Technologie, Double Chamber, Triple Fusion
Gabel: Simplon Serum, Vollcarbon Gabel, Monococque
Gruppe: SRAM Red
Sattel: Selle Italia SLR Carbonio weiss
Sattelstütze: Integriert aus HotMelt-NanoCarbon
Steuersatz: Acros oberes Lager 1-1/8″, unteres Lager 1-1/4″
Lenkervorbau: Syntace F-129
Lenker: Syntace Racelite 2 Carbon
Laufräder: Mavic R-Sys Premium
Reifen: Schwalbe Ultremo 700x23C
Ausstattungsvarianten SERUM
12 erhältliche Grundmodelle
SERUM Ultegra 20
SERUM Ultegra 20C
SERUM Dura Ace 20
SERUM Dura Ace 20C
SERUM Athena 22C
SERUM Chorus 22
SERUM Chorus 22C
SERUM Record 22C
SERUM Super-Record 22C
SERUM Force 20C
SERUM Red 20
SERUM Red 20C
Größen (in cm)
48 – 52 – 55 – 58 – 62 cm
Optionen SERUM
Vorbau und Lenker nach Wahl
Anzahl Spacer
Laufräder nach Wahl
Verschiedene Flaschenhalter
12 verschiedene Ausstattungsvarianten
Farben
Weiß / Blau / Carbon
Schwarz
Garantie
Rahmen: 4 Jahre Standard, 6 Jahre nach Registrierung + Crash Replacement bei Carbonrahmen, Komponenten 2 Jahre