Die eierlegende Wollmilchsau – Garmin Edge 305

Wer auf der Suche nach einem Radcomputer ist, wird sicherlich an den Punkt kommen, an dem man kurz davor steht den Überblick zu verlieren. Zahlreiche Anbieter, Modelle in unterschiedlichsten Ausführungen und teils sehr hohe Preise, lassen die Qual der Wahl mitunter zur Odyssee werden. Werden neben den gängigsten Eigenschaften wie Tachofunktionen, Pulsmessung und Trittfrequenz, noch die Möglichkeiten eines GPS-Gerätes gefordert, fand man in der Vergangenheit auf dem Lenker bereits 2 Geräte – einige werden dann bereits von Mäusekino sprechen wollen, zudem gewichtstechnisch alles andere als optimal.


Die ultimative Antwort auf diese Problematik möchte Garmin mit seiner Edgeserie liefern, deren Geräte die Funktionen eines klassischen Radcomputers mit denen eines GPS-Devices kombinieren. Vier unterschiedliche Versionen sind erhältlich, der Edge 205 bietet die grundlegenden Tachofunktionen und GPS Funktionalität, seine UVP liegt bei 279€. Den Edge 305 gibt es in Varianten mit Trittfrequenzmessung oder Pulsmessung, UVP jeweils 399€ oder in einer kombinierten Variante mit beiden Funktionen zu 429€. Die „kleinere“ Variante des Edge305 ist rein technisch das gleiche Gerät, und ermöglicht auch das spätere Upgrade auf die zweite Funktion. Man sollte aber bedenken, dass der „große“ Edge einen Preisvorteil gegenüber einem späteren Upgrade von 25€ bietet. Die aktuellen Marktpreise liegen teilweise deutlich unter der UVP. Bei gps24.de wird der Edge 305 bereits für 333€ angeboten. Importware aus den USA ist, aufgrund derzeit günstiger Wechselkurse, nochmals deutlich billiger, allerdings sind Probleme im Garantie- oder Reparaturfall vorprogrammiert, weshalb wir von einem solchen Kauf abraten. Grundlage unseres Tests ist ein Edge305 mit Puls- und Kadenzmessung.

Ist die Kaufentscheidung schließlich gefällt und das Gerät erreicht schließlich den Käufer hat man an folgenden Teilen Eigentum erlangt: Edge 305, zwei Fahrradhalterungen, Handbuch, Brustgurt, Geschwindigkeits- Kadenzsensor, USB-Kabel, Ladegerät mit US-Stromadapter, CD mit Trainingssoftware und diverses Befestigungsmaterial.

Die Montage des Gerätes geht leicht von der Hand, da die Signale drahtlos und codiert übertragen werden, entfällt das lästige Verlegen von Kabeln am Unterrohr. Das Gerät selbst wird am Vorbau oder Lenker montiert, wobei die Position auf dem Vorbau als stabiler zu bezeichnen ist. Die Halterung selbst erfüllt ihren Zweck und ist dabei erfreulicherweise relativ klein dimensioniert. Der Kadenzsensor wird ebenfalls mit zwei Kabelbindern an der Kettensrebe befestigt. Eine kleine Signaldiode leuchtet auf, wenn die Magnete zur Abnahme des Kadenz- und Geschwindigkeitssignals korrekt eingestellt sind und den Abnehmer passieren.

Das Gerät fällt mit 88g sehr leicht aus, der Kadenzmesser, der bei schlechtem GPS Empfang auch die Geschwindigkeit ermittelt, wiegt zusätzliche 24g. Beim erstmaligen Einschalten und der Einstellung von Menüsprache, der Zeit und des gewünschten Speichermodus braucht das Gerät in der Folge für einen Kaltstart ca. 45 Sekunden. Dabei ist es durchaus ungewohnt auch am Rad nun einer „Bootsequenz“ zuzusehen, in der Satelliten geortet und die Verbindungen hergestellt werden. Diese Routine klappt bisweilen fehlerfrei, längere Zeit kann es bei starker Bewölkung, tiefen Häuserschluchten oder Bewaldung dauern. Dies ist aber eher die Ausnahme, zudem ist während dem Test, nach erstmaliger Herstellung des Empfangs, nie zu einem erneuten Verlust von diesem gekommen, auch nicht im tiefsten Unterholz. Es können drei Radprofile ( Radumfang, Ausstattung ) und ein Benutzer ( Geschlecht, Alter, Gewicht, Herzfrequenzschwellen ) angelegt werden, zwischen denen man komfortabel und schnell umschalten kann. Die Darstellung erfolgt auf einer großen LCD Anzeige ( 3cm x 3,7cm ) die mit 4 Graustufen über eine Auflösung von 128 x 160 Pixel verfügt. Die Hintergrundbeleuchtung kann wahlweise permanent oder für fixe Intervalle aktiviert werden ( 10/15/30 Sek. ) und garantiert auch bei Nachtfahrten eine ausgezeichnete Ablesbarkeit des Displays.

Es gibt 4 verschiedene Anzeigemodi. Der erste ist eine normale Anzeige für sämtliche Funktionen des Tachos, wobei maximal 8 Anzeigefelder ( die darüber hinaus frei konfigurierbar sind ) gleichzeitig dargestellt werden. Mit einem Tastendruck ist man in der Lage auf die zweite Ebene umzuschalten, wo nochmals maximal 8 Anzeigen zu finden sind. Die Anzeigefelder können aus folgender Auflistung frei zusammengestellt werden:

Kadenz // Kadenz – Durchschnitt // Kadenz – Runde // Kalorien // Distanz // Distanz – Runde // Distanz – letzte Runde // Distanz – Pausen // Kumulierte Höhenmeter // GPS Genauigkeit // Steigung // Fahrtrichtung // Puls // Puls – Durchschnitt // Puls – Runde // Pulszone // Runden / Geschwindigkeit // Geschwindigkeit – Durchschnitt // Geschwindigkeit – Runde // Geschwindigkeit – letzte Runde // Geschwindigkeit – maximal // Geschwindigkeitszone // Sonnenuntergang // Sonnenaufgang // Zeit // Zeit – Rundendurchschnitt // Zeit – Runde // Zeit – letzte Runde // Pausenzeit // Uhrzeit // Totaler Abstieg // Totaler Aufstieg.

Diese Eigenschaft ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal des Edge. Mit keinem anderen Gerät am Markt ist es möglich parallel 8 dieser Funktionen anzeigen zu lassen und auf einen weiteren Tastendruck weitere 8 folgen zu lassen. Allerdings ist eine simultane Darstellung von 5 Datenfeldern praktisch mitunter am sinnvollsten, da somit eine Anzeige die Hälfte des Displays einnimmt und immer gut ablesbar bleibt, wie z.Bsp. die momentane Geschwindigkeit.

Die zweite Anzeigeebene ist die Kartendarstellung, auf der eine, vorher in den Edge übertragene, Route angezeigt wird und somit eine ideale Navigationshilfe darstellt. Die Skalierung ist frei wählbar, genau wie die Eigenschaft ob sich die Karte mitdrehen soll oder statisch auf dem Display angezeigt wird. Wenn vorher keine Route aufgespielt wurde ist hier die bis dahin gefahrene Strecke ersichtlich und – bei Verlust der Orientierung – ist eine Rückfahrt zum Ausgangspunkt mithilfe dieser Daten möglich.

Eine weitere Ebene stellt das interaktive Höhenprofil dar, dessen Skalierung auch wieder frei gewählt werden kann. Somit kann man permanent einschätzen, wie schwer das Gelände vor einem noch ist und ob man die Runde nicht doch lieber einwenig abkürzt Zusätzlich wird permanent die aktuelle Höhe und der Gesamtaufstieg eingeblendet.

Auf der letzten Menüebene liegt das eigentliche Einstellungsmenü, in dem sich sämtliche Parameter auch während der Fahrt einstellen lassen. Am oberen Rand der Anzeige werden über sämtliche Menüebenen hinweg zusätzlich folgende Symbole angezeigt:

Akkuladezustand: 4 Einzelsegmente informieren über den Ladezustand des Akkus. Bei den bisherigen Testfahrten verschwanden diese relativ schnell von der Anzeige, jedoch hielt das Gerät trotzdem noch mehrere Stunden durch, obwohl mehrfach auf einen „niedrigen Batteriestatus“ aufmerksam gemacht wurde. Eine fünf Stunden lange Ausfahrt mit Abnahme von Puls und Kadenz ist mithilfe des Akkus problemlos abgedeckt.
Ein kleines 3D -Symbol macht darauf aufmerksam, ob der Satellitenempfang gewährleistet ist.
Eine kleine Stoppuhr wird eingeblendet, sobald die Datenaufzeichnung am Gerät aktiviert wird.
Über die Funktion von Kadenz bzw. Puls informiert ein Herz bzw. ein Kurbelsymbol, die aufblinken, falls keine Signale am Gerät ankommen und dadurch auch nicht aufgezeichnet werden.

Die Einstellungen in den diversen Menüs werden über vier Tasten gesteuert ( mode, enter, arrow left, arrow right ), die Bedienung ist intuitiv und eine Wohltat gegenüber den, teils komplizierten, Tastenkombinationen eines Hac5 o.ä.. Die Datenaufzeichnung wird mit einer Taste unterhalb des Displays gestartet & gestoppt. Links davon ist eine Taste ( lap ) für den Rundensplit integriert.

Soweit zu den elementaren Funktionen und Möglichkeiten, die der Edge dem Nutzer bietet. Des Weiteren gibt es zahlreiche Möglichkeiten Trainingsprogramme zu erstellen und in den Edge zu laden, d.h. mithilfe der Software werden bestimmte Workouts zusammengestellt, auf den Edge übertragen und anschließend, nach den gemachten Vorgaben, abgefahren. Herbei lassen sich Grenzen für Puls, Geschwindigkeit, Kadenz, Zeit & Distanz setzen und bei überschreiten dieser weist das Gerät akustisch darauf hin. So ist es möglich, ein Intervalltraining mit Warm- und Ausfahren komplett aufzuspielen und sich anschließend nur noch auf die akustische „Navigation“ des Edge zu verlassen. Ein mächtiges Instrument zur Entwicklung eines strukturierten Trainings.

Die GPS-Funktionalität ermöglicht darüber hinaus noch das Fahren gegen einen virtuellen Gegner. Ein bereits abgefahrener Kurs ( z.Bsp.: die Standardtrainingsroute ) dient mit den dort erzielten Leistungsdaten als Grundlage für ein weiteres Training. Auf dem Display werden zwei Zeiten angezeigt. Der Virtual Partner fährt mit der gleichen Geschwindigkeit des vergangenen Trainings ( Referenz ), darunter wird die aktuelle Performance und der Abstand oder Vorsprung zwischen diesen angezeigt. D.h. man ist stets darüber informiert, ob man schneller oder langsamer als der virtuelle Gegner ist. Dies ist zum einen äußerst motivierend und kann auch Alleinfahrten etwas spannender machen, zum anderen lassen sich so relativ genau eigene Leistungsverbesserungen erkennen. Wenn man die gleiche Zeit der Referenzrunde fährt, bei der Auswertung der Daten aber einen um fünf Schläge geringeren Durchschnittspuls hat, ist dies ein objektives Indiz für eine Verbesserung der eigenen Leistungsfähigkeit.

Der Edge bietet vor allem softwareseitig noch eine Fülle weiterer Möglichkeiten, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden soll, da die Bewertung von technischen Eigenschaften bei uns im Vordergrund stehen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, ist der Edge ein derzeit konkurrenzlos vielseitiges Gerät, das jedem technikaffinen Menschen dabei helfen kann, sich in unbekanntem Gelände zu orientieren und das eigene Training nachhaltig zu verbessern.

Klare Vorteile des Gerätes sind:

  • Die ausfallsichere, codierte Funkübertragung der Signale
  • Eine aufgeräumte Optik am Rad
  • Relativ geringes Gewicht im Vergleich zum Funktionsumfang
  • Intuitive Bedienung und leistungsstarke Software
  • Zahlreiche Trainings- und Navigationsfunktionen

Die bestehenden Nachteile:

  • Kaltstartzeiten vor den Ausfahrten
  • Stolzer Preis
  • Keine offizielle Softwareunterstützung für Macintosh PCs

Weiterführende Links:

Garmin Produktseite
IBC Elektronikforum
Rennrad-News.de
Motionbased
Forum Motionbased
Guenther Dirks

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