Von Klaus Hickmann-Rother und Michael Maage
Die Liebe zu Zweirädern scheint Axel Schnura angeboren. Der Unternehmer Jahrgang 1975 begann seine Laufbahn als Zweiradmechaniker bei KTM. Danach wechselte der frühere Motorcrosser als Mechaniker in die Superbike WM und MOTO GP Serie. Unter anderem war er für das Kawasaki Werksteam tätig und wurde mit dem Yamaha Werksteam sogar Vize-Weltmeister in der 250er Klasse. Parallel begann er mit der Fertigung von Fahrradkomponenten und gründete 2001 die Firma AX-Lightness. Anfänglich produzierte er ausschließlich Fahrradteile, doch durch einen fahrradinteressierten Motorsport- Verantwortlichen kam dann der Kontakt zur Formel 1 zustande.
Heute liegt hier das Hauptaugenmerk des in Bayreuth ansässigen Betriebes. AX-Lightness ist einer von nur sechs deutschen Lieferanten, die für die Formel 1 produzieren, was für die hohe Qualität der Teile spricht. Genau diese Qualität lässt Axel Schnura auch in die Produktion der Fahrradteile einfließen, welche in liebevoller Kleinarbeit von ihm und seinen Mitarbeitern entwickelt werden. Das 16 Mitarbeiter umfassende Team um Schnura ist mit den von ihnen betreuten Motorsport Teams und der Produktion der Fahrradteile sehr gut ausgelastet. Während unserem Aufenthalt in Bayreuth war die komplette Mannschaft damit beschäftigt Komponenten für die 2007er Formel 1 Boliden zu produzieren. Neben Kleinteilen, werden auch komplexe Teile wie zum Beispiel 200-teilige Bremsbelüftungen für diese Hightech Fahrzeuge hergestellt. Im Minutentakt trafen neue CAD Daten für weitere Bauteile im Gründer Zentrum der Neue Materialien Bayreuth GmbH ein. So stehen in diesem Gebäudekomplex neben den neuesten Fertigungseinrichtungen für die Verbundfasertechnologie, auch Laboratorien für Werkstoffanalysen zur Verfügung.
(Axel Schnura)
Die komplette Produktionskapazität wird in diese Stoßzeiten für die Aufträge der Formel 1 Teams ausgelegt. Die Produktion der Fahrradkomponenten geschieht meist parallel, wird aber mit nicht weniger Leidenschaft und Anspruch gefertigt. Die Aufträge aus dem Motorsport – so erklärte uns Axel Schnura – sind für das überleben der Firma sehr wichtig, da man allein mit der Produktion der Fahrradteile in dieser Mannschaftsstärke nicht kostendeckend arbeiten könnte. Um Lieferengpässen vorzubeugen, hat AX-Lightness verschiedenste Sättel, Sattelstützen und Bremsen auf Lager. Jedoch kann es vorkommen, dass Frau Bauer – die nette Stimme vom Vertrieb, die diesen im Übrigen komplett im Alleingang abwickelt – dem Kunden mitteilen muss, dass momentan stark nachgefragte Artikel nicht an Lager sind und es daher zu Wartezeiten kommen kann. Aber so was soll ja selbst bei renommierten Versandrädern vorkommen.
(Frau Bauer – Vertrieb)
Alle Räumlichkeiten und somit auch die einzelnen Arbeitsschritte sind von einander getrennt. Auf penible Genauigkeit beim Zuschnitt der einzelnen Lagen mittels eines computergesteuerten Cutters oder der Sauberkeit beim Laminieren wird äußerst großen Wert gelegt. Fast muten die Räume eher nach einem Labor, anstatt einer Produktionswerkstatt an. Klimatisierte Räume für den Zuschnitt der Prepregs, Kühlräume für die Lagerung von Fasern und Harzen, all dies findet man in dieser Manufaktur vor.
(Sattelstütze Daedalus – frisch aus der Form)
Die Produktpalette umfasst derzeit im Bereich Sättel die Modelle, Sprint, Apollo, Endurance und Phoenix, von dem bis dato rund 500 Exemplare gefertigt wurden. Die Preise reichen von 248 Euro für den Sprint, bis hin zu 380 Euro für das Modell Phoenix. Gewichte: 67 bis 76 Gramm (Sprint), 69 bis 83 Gramm (Apollo), 74 bis 83 Gramm (Endurance) und 58 bis 62 Gramm für den Phoenix Sattel. Dabei sind die endgültigen Gewichte abhängig von Fahrer und Einsatz des jeweiligen Sattels.
(Benjamin Larisch – Entwicklung)
Im Bereich Sattelstützen werden die Modelle Europa (gerade, 86 bis 114 Gramm (je nach Länge und Fahrer)) und Daedalus (mit Versatz, 86 bis 119 Gramm (je nach Länge und Fahrer)) angeboten. Hier reichen die Verkaufspreise von 345 bis 393 Euro. Produziert werden einzig die gängigsten Durchmesser wie 27.2 und 31.6 Millimeter in jeweils drei Längen. Weitere Sattelstützendurchmesser, oder Sonderanfertigungen sind derzeit nicht realisierbar. Der Einsatz von weiteren hochpräzisen Metallformen (z.B. für jeden Durchmesser einer Sattelstütze eine eigenständige Form) würde den Preis der Produkte noch weiter nach oben treiben. Und dies ist der Kunde einfach nicht gewillt zu bezahlen.
Neben Produkten der Sitzzone, stellt AX-Lightness auch extrem leichte Rennradbremsen aus Kohlefaser her – mit dem Modell Orion halten sie derzeit den Gewichtsrekord in dieser Kategorie. Neben der schon angesprochenen Orion Bremse mit 97 Gramm Gewicht (ohne Beläge und -halter) für 990 Euro, findet auch die Perseus genannte Kohlefaserbremse mit 127 Gramm für 770 Euro, Aufmerksamkeit beim Kunden.
Neu hinzu kommt der Vorbau Namens Zeus, welchen wir vergangen Donnerstag schon ausführlich vorgestellt haben.
Bei allen Produkten kommen ausschließlich Kohlenstofffasern zum Einsatz, die nach Luftfahrtnormen hergestellt sind. Je nach Typ erreichen diese Fasern Zugfestigkeiten von bis zu 5.400 MegaPascal, sprich 5.400 N/mm². Neben der Kohlefaser setzt man bei AX-Lightness auch auf Aramid-Prepregs (goldgelbe organische Kunstfasern aus aromatischen Polyamiden, umgangssprachlich auch Kevlar genannt) wie sie beim Sattelmodell Phoenix eingearbeitet werden. Dieser wird in der Form liegend, in einem Autoklaven gebacken, wie man so schön sagt. In solchen Autoklaven werden üblicherweise Drücke von bis zu 10 Bar erzeugt. Der hohe Druck im Inneren wird genutzt, um die einzelnen Laminatschichten zu verpressen. Meist wird das Bauteil gleichzeitig evakuiert, um überschüssige Luft aus dem Faserverbund zu entfernen. Das Kunstharz im Roh-Bauteil (meist Epoxidharz) wird dann, im Falle von AX-Lightnes bei 120°C mehrere Stunden ausgehärtet. Somit werden optimalste Faservolumenanteile erreicht. Fertigungstechnisch ist die Produktion eines solchen Sattels oder einer Sattelstütze wesentlich anspruchsvoller als zum Beispiel eines Kohlefaservorbaus. Man glaubt es kaum, aber auf eine Sattelstütze wirken komplexere Kräfte (viele nur im Praxistest zu ermitteln) als auf einen Vorbau, sei es durch den eigentlichen Fahrbetrieb oder dem Umgang, bzw. Fahrstil des Fahrers mit dem Produkt. Schnura berichtet von einigen Fällen, in denen Kunden ihre mangelnde Kenntnis, wie man mit solchen Komponenten umzugehen hat, auf den Hersteller abzuwälzen versuchen. So werden eindeutige mechanische Einwirkungen, sei es durch Stürze oder falsche Handhabung bei der Montage, als Herstellungsfehler abgetan. Solchen Fällen muss AX-Lightness verständlicherweise Absagen erteilen, wenn gleich jeder Fall einzeln geprüft wird und auf die Kunden zugegangen wird. Aber wie heißt es so schön: Wie man in den Wald hereinruft, so schallt es heraus. 😉 In Zukunft möchte Schnura die Produktpalette weiter ausbauen. Zusammen mit Marc Siebert, Inhaber der Firma Spin, möchte er die Produktion eines hochwertigen Rahmens in Serie aufnehmen.
Unseren Leserfragen stand Axel Schnura offen gegenüber und versuchte alle Fragen ausführlich zu beantworten: Viele Fragen kamen zum neuen Vorbau, welche wir mit unserem Artikel hoffentlich alle ausgeräumt haben.
marvin schreibt: Mich würde mal interessieren, ob die Lenkerhörnchen irgendwann mal wieder aufgelegt werden.
Nein, die Hörnchen wird es nicht mehr geben.
Dirk schreibt: Was bedeuten die Typ Nummern im Phoenix Sattel, ich hatte einen Typ 13, 47 Gramm, leider gebrochen und wurde umgehend und anstandslos getauscht mit einem Typ 25, 57 Gramm. Ist nun AX-Lightness der Hersteller oder werden die Sättel von einer anderen Firma gefertigt? Im Sattel ist bei Hersteller „Fa. L. Witler od. Witter“ eingetragen.
Die Artikel von AX-Lightness werden folgendermaßen gekennzeichnet: Eine Typen-Nr. (Kennzeichen des Belegungsplans in der jeweiligen Form) und eine fortlaufende Seriennummer. Dadurch ist eine lückenlose Prozess-Dokumentation gewährleistet. L. Witter war vor einiger Zeit ein selbstständiger Laminierer, der bei AX-Lightness je nach Auftragslage zeitweise gearbeitet hat.
Lars Berger schreibt: Meine Frage: Wird es denn irgendwann mal wieder bezogene Sättel geben? Ich habe noch einen der ersten Generation und finde den Komfort fast noch ein wenig besser als die meines neuen Endurance!
Wird es nicht mehr geben, da die Preise für Leder und das beziehen lassen zu hoch waren/sind.
Jörg schreibt: Mein Phoenix ist gebrochen. Ich warte nun schon seit über zwei Monaten… Wie laufen solche Garantiefälle ab? (Mein Sattel war für 90kg ausgelegt – steht auch so auf der Rechnung – und ich wiege 78kg.)
Jeder Fall wird einzeln geprüft und bearbeitet. Durch die nicht ständige Produktion von Fahrradkomponenten kann es daher zu Lieferzeiten kommen. Auch spielen Großhändler/Importeur und der Fachhändler dabei eine große Rolle.
Thomas schreibt: Wie verhält es sich mit Garantie- oder Gewährleistungsansprüchen, wenn man keine Rechnung mehr hat bzw. wenn die Teile älter als 2 Jahre sind?
Wie schon oben beschrieben. Einzelfallprüfung!
hans schreibt: Wenn angeblich Fahrradkomponenten brechen, stellt sich die frage wie sieht die Entwicklung und Kontrolle der teile aus? Wie oft werden sie kontrolliert bzw. geprüft und unter welchen Bedingungen finden die Kontrollen und Belastungstests statt?
Protoypentests unter Laborbedingungen im Haus, Praxistest der Mitarbeiter und abschließende Tests an unabhängigen Instituten kurz vor der Serienfreigabe. Quasistatisch (Druck, Zug, Biegung, etc.) und dynamisch auf Hydropulser (Servohydraulischer Prüfstand)
velopope schreibt: gibt’s bald andere teile wie Gabel, Lenker, Tria-Aufsatz, Kurbelgarnitur … so als Konkurrenz zu Schmolke und THM. wäre bei AX ein Schaltwerk à la Carboncrew/Carbonsports denkbar(die bekommen da ja im wahrsten sinne nix gebacken)? ein LRS aus dem Hause AX wäre natürlich der Renner, zumal Carbonsports ja nicht mehr die Qualität wie zu Feldmochinger Zeiten für die Lightweights bieten kann … wäre also so was denkbar? Denkt Axel gar über einen Rahmen nach…(kann soooo schwer ja nicht sein, mit den dort vorhandenen Möglichkeiten! Irgendein Ingenieur mit Kenntnissen ob der finiten Elemente wird sich ja finden lassen!)
Derartiges ist zurzeit nicht geplant, bzw. über die Entwicklung eines Serienrahmens in Zusammenarbeit mit Spin wird nachgedacht.
Rentiert sich der Aufwand in der Entwicklung der bisherigen Produkte überhaupt am gemessenen erfolg auf dem Markt? … oder ist das eher eine kostendeckende Leidenschaft von Axel? In Vergleich zum Motorsport eher eine kostendeckende Leidenschaft. Karl Neumann schreibt: Wie sieht es eigentlich mit der Herstellung der Komponenten aus. Wie lange dauert es z.B. einen Phoenix zu fertigen? Und werden alle Komponenten im Werk selbst hergestellt, oder auch was zugekauft?
Die Produktion der Komponenten erfolgt in Einzelschritten, d.h. es werden z.B. eine gewisse Anzahl von Satteldecken hergestellt und eine gewisse Anzahl Gestelle. Anschließend werden diese zusammengefügt. Ein Vorbau benötigt so gesehen rund 2 Tage. Alle Komponenten werden vor Ort hergestellt.
Quarkwade schreibt: Fahre einiges von AX spazieren (Orion, Daedalus, Phoenix, Sprint) und bin sowohl mit der Qualität der Teile als auch mit der Garantieabwicklung sehr zufrieden. Würde mir noch wünschen, dass Tipps und Kniffe für Montage und Verwendung dieser Teile z.B. auf der Homepage unter FAQ´s genannt würden. Siehe zum Beispiel auch den Beitrag 23 von TS-Biker.
Den Vorschlag der Light-Bikes Leser, Montage FAQ für die Kunden auf der Homepage einzurichten, stand Axel Schnura positiv gegenüber. Er versucht diesen Vorschlag zeitnah umzusetzen.
Martin schreibt: mich würde interessieren, ob man auf anfrage auch andere Sattelstützendurchmesser bekommen kann?
Wie oben schon beschrieben, derzeit nicht möglich.
Michael Reetz schreibt: Mit wie viel nm darf man den AX-Lightness Endurance maximal anziehen?
Wie bei allen Sattelmodellen mit 4Nm.
Nun bleibt abzuwarten, was man in Zukunft aus Bayreuth verlauten hört. Fleißig werden dort Weltrekorde im Leichtbau gesammelt. Nach Sätteln, Bremsen ist nun der Lenkzone um den Vorbau Zeus an der Reihe. Und damit nicht genug. Laut Schnura wäre es mit den Mitteln, wie sie derzeit im Formel 1 Zirkus angewandt werden, durchaus möglich das Gewicht vieler Komponenten ohne Verluste an Steifigkeit oder Sicherheit nochmals um 30-50% zu drücken. So sei ein 3 Kilo Rad durchaus im Bereich des Möglichen. Nur ist dies nicht mehr zu bezahlen. Nicht vom Kunden, aber auch nicht mehr aus unternehmerischer Sicht. Schlussendlich bleibt festzustellen, dass sich die meisten AX-Lightness Komponenten unter dem Gewicht einer Tafel Schokolade befinden – wenn gleich preislich eher auf Gold-Niveau.