Verzögerungen…

Nach dreistündigem Aufstieg hat man es endlich geschafft – die Passhöhe ist erreicht und man freut sich auf die lange Abfahrt. Doch nach den ersten Metern bergab stellt sich Frust ein. Schlechtes Bremsverhalten, kein Druckpunkt, die Bremse macht zu, die Hände schmerzen – Fading!
Solches Verhalten hat sicher der Großteil der Biker schon am eigenen Leib erfahren. So etwas kann einem ganz schnell die Laune vermiesen, jedoch im schlimmsten Fall sogar gefährlich werden.

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Dabei liegt das Problem meist im Detail. Der Bremsbelag – die Verbindung zur Felge oder der Bremsscheibe. Die meisten Bremsanlagen bringen ihre volle Leistung erst wenn die richtige Mischung aus Belag und Felgentyp oder Scheibentyp gefunden ist. Nicht immer sind Originalbeläge die beste Wahl. Nachrüstbeläge holten in den letzten Jahren mächtig auf und stecken so manchen Erstausrüster locker in die Tasche. Wir waren die letzten Monate bei den unterschiedlichsten Bedingungen unterwegs um dies herauszufinden…

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Es gibt eine Unmenge an Nachrüstbelägen, egal ob Scheibenbremse, V-Brake oder die klassische Rennradbremse. Jeder Hersteller propagiert die beste Belagsmischung gefunden zu haben. Doch meist ist dem nicht so, zu speziell sind die Einsatzgebiete, zu groß die Auswahl an Material, um einen Universalbelag zu kreieren. Belag X kann auf Felgentyp Y Top Ergebnisse bringen, auf Felge Z ist dieser aber hoffungslos überfordert. So haben wir uns neben den gängigsten Leichtbaubremsen wie Maguras Marta SL im Mountainbikebereich, auf Shimano Dura Ace, Sram Force, Ax-Lightness Orion und Zero Gravity im Rennradbereich beschränkt und die jeweils montierten Originalbeläge gegen Nachrüstbeläge von Kool Stop, Swissstop und Corimas Korkbeläge bei den Felgenbremsen antreten lassen.

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Zu den Ergebnissen im MTB Bereich:
Grundsätzlich ist erst einmal zu beachten, keine andere Belagsart, als die vom Hersteller freigegebene zu verwenden. Konkret bedeutet dies, dass man auf Scheibenbremsen – welche ausschließlich für organische Beläge freigegeben sind – keine Sintermetall Beläge fahren sollte! Davon kann nur abgeraten werden, es sei denn der jeweilige Hersteller verwendet beide Belagsarten von Haus aus. Die thermische Belastung des Materials ist grundlegend verschieden. Schlimmstenfalls überhitzt die Bremse schneller und es kann zum Totalausfall kommen, mit unvorsehbaren Folgen. Daher nie mit Belagsarten experimentieren!
Unsere Tests beschränkten sich auf Originalbeläge und die von Swissstop auf das jeweilige Modell abgestimmte Nachrüstbremsbeläge.
Maguras Marta Originalbeläge des Typs Performance sind schon nahe am perfekten Belag, wäre da nicht der recht hohe Verschleiß. Manch ambitionierter Biker braucht pro Saison einige Sätze dieser Beläge um immer sicher zum Stehen zu kommen. Die recht weiche Belagsmischung bringt Spitzenleistung in Sachen Dosierbarkeit und der benötigter Handkraft, bei langen Dauerbremsungen stellt sich bisweilen ein geringer Leistungsverlust ein, der sich aber in Grenzen hält. Preis: rund 18 Euro. (pro Bremse)

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Swissstop Disc 10 (Marta/Marta SL kompatibel)
Nach etwas längerer Einbremszeit entlockt man diesem Belag traumhafte Bremsperformance. Egal ob trocken oder nasse Bedingungen. Immer steht einem eine brachial hohe Bremsleistung zur Verfügung – ohne Unterschiede zwischen diesen Bedingungen! Der recht harte Druckpunkt ist gerade für Anfänger oder Umsteiger von V-Brakes mit Vorsicht zu genießen. Schnell hat man mit nur einem Finger die Bremse zum Blockieren gebracht und die Anziehungskraft des Hinterrads zum Untergrund überwunden. Preislich liegt dieser Belag mit rund 21 Euro pro Bremse etwas über dem der Originalbeläge. Aber dieser Preis ist mehr als gerechtfertigt. Eine gesteigerte Haltbarkeit gegenüber dem Original, gepaart mit einer unübertroffener Performance machen diesen Belag zu einem der wenigen Beläge, die von der Charakteristik her über dem Original liegen. Somit uneingeschränkt empfehlenswert!

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Eine Einschränkung bei der Verwendung von Nachrüstbelägen gibt es aber zu beachten: Jedwede Garantie erlischt bei der Verwendung von Fremdprodukten. Martin Schäfer von Magura dazu: „Verwendet ein Fahrer Bremsbeläge eines Fremdherstellers, lehnt Magura jegliche Gewährleistung oder Haftung ab. Die Gefahr geht auf den Fachhändler über, der die Fremdbeläge anbietet.“

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Wie sieht es nun im Rennradsektor aus? Wie schon angesprochen haben wir zwei solide Bremsanlagen wie Shimanos Dura Ace und die neuen Sram Force gegen zwei waschechte Leichtgewichte antreten lassen, gepaart mit den unterschiedlichsten Belägen und Laufrädern. AX-Lightness Orion und Zero Gravitiy waren übrigens mit Campagnolo kompatiblen Belagshaltern ausgestattet.
Zu erst einmal ist festzuhalten, dass die Originalbeläge von Shimano, Campagnolo und Sram durchaus hervorragende Ergebnisse liefern. Beste Bremswirkung bei trockenen Bedingungen, gute bis sehr gute Werte bei nassen Verhältnissen. Als Grundlage dienten Mavics Ksyrium Laufräder in der SL und ES Version, die Allroundfelge CXP33, Campas Eurus Laufradsatz, Verschleiß empfindliche American Classic 350 Felgen und zwei Arten von Reynolds Kohlefaserfelgen.

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Neben den schon erwähnten recht guten Originalbelägen sticht gerade die schwarze Belagsmischung von Koolstop heraus, welche unter trockenen Bedingungen perfekt mit allen Arten von unbeschichteten Aluminiumfelgen zu Recht kommt und recht materialschonend die Felge in die Mangel nimmt. Wird es unterwegs doch einmal feucht, setzen sich dagegen die Salmon-Beläge aus gleichem Hause (rot) oder die GHP (Green High Performance) genannten grünen Beläge der Schweizer Firma Swissstop schnell an die Spitze. Hervorragender Druckpunkt, gepaart mit sehr guter Performance – gerade wenn es einmal länger durch Regen geht. Der Verschleiß bei dieser Mischung am Belag selbst ist recht gering, gleichzeitig arbeitet dieser aber mehr an der Bremsflanke und erzeugt höheren Abrieb als die schwarze Mischung aus gleichem Hause, oder die vorher genannten Koolstop, welche sich daher für empfindlichere Felgenmodelle wie z.B. American Classics 350er empfehlen. Trotzdem, der der Charakter einer Bremsanlage steht oder fällt durchaus mit der Qualität des Belages.

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Auf Kohlefaserfelgen geht unserer Meinung nach derzeit kein Weg an Swissstops Yellow King Mischung vorbei. Im direkten Vergleich zu Corimas Korkbelägen (in den Anfangszeiten der Kohlefaserfelgen die einzige Möglichkeit den extrem Verschleiß der Beläge auf solchen Felgen in Grenzen zu halten) sorgt die Schweizer Mischung stets für ausreichende Bremswirkung, was man von Korkbelägen im Allgemeinen – gerade bei nassen Bedingungen – nicht behaupten kann. Die extrem geringe Bremswirkung bei solchen Verhältnissen kann so manches Mal zu einer heiklen Situation führen! Die Yellow King Beläge finden den richtigen Mittelweg zwischen ausreichender Haltbarkeit auf der Einen, maximaler Verzögerung unter trockenen und nassen Bedingungen auf der anderen Seite.

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Abschließend kann man Swissstop als klarem Favoriten für alle Arten von Bremsbelägen nur ein großes Lob aussprechen. Mit ihren fast vierzig unterschiedlichen Belagsmodellen haben sie für alle erdenklichen Herstellermodelle und Bedingungen das passende Modell im Regal. Neben den Originalbelägen setzen sie sich mit überdurchschnittlichen Bremswerten in Szene. Gute Nachrüstbeläge wie diese erlauben es, die vorhandene Bremsanlage nach seinen Bedürfnissen anzupassen.

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Trotzdem bleibt die Wahl des Belages – gerade im Rennradsektor mit seinen unzähligen Kombinationsmöglichkeiten – letzten Endes ein persönliches Ausprobieren. Zu unterschiedlich sind die Anforderungen und Kombinationen, die der extrem breite Markt an Bremsanlagen, Felgen- oder Laufradmodellen bietet. Swissstop ist auf einem guten Weg diesem Spektrum gerecht zu werden – erstaunlicherweise ohne Kompromisse!

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