Sie sind die Träume jedes ambitionierten Radsportlers – die Top-Level Bikes der Bike Industrie. Alles vom Feinsten, bestes Material, perfekte Verarbeitung, extrem leicht und letztendlich extrem teuer. Dass es auch ohne saftigen Aufpreis geht, zeigt Simplon mit dem neuen Topmodell PAVO. Wir haben das Rad sechs Wochen lang auf Herz und Nieren geprüft.
Edel schimmert das unidirektionale Carbon in der Frühlingssonne. Simplons aktuelles Topmodell PAVO hatte sich für einen Test angemeldet. Und nun steht es da. Nicht im weit verbreiteten weiß-blauem Design, sondern im kompletten schwarzen Gewand. Unterstatement halt. Erst beim näheren Hinsehen zeigen sich die Highlights der schwarzen Schönheit aus Hard an der österreichischen Ecke des Bodensees. Pure Kohlefaser wohin das Auge blickt, unterbrochen von passenden Schriftzügen. Im Gegensatz zu den meisten Rahmenherstellern verzichtet Simplon komplett auf Sichtcarbon und setzt dabei vollkommen auf unidirektionelle Fasern. In erster Linie dienen die fein gewobenen Fasern der Optik, bieten aber weniger Festigkeit als die undirektionalen Fasern. Auch geht Simplon im Rahmenbau einen unkonventionellen Weg und vereint die Vorteile aus reiner Monocoquebauweise mit der Muffentechnik und dem tube to tube Verfahren, dem einfachen Rohr-zu-Rohr Verbund. Sowohl im Unterrohr auch in der serienmäßigen S9 Vollcarbon Gabel kommen Innenverstärkungen zum Einsatz. Simplon verspricht sich dadurch eine verbesserte Schlagfestigkeit im Falle eines Aufpralls gegen ein Hindernis und eine erhöhte Dauerfestigkeit bei extremer Fahrbahnbelastung. Abgerundet wird dies durch die so genannte SCS+ Technologie. Simplon setzt dazu eine mandelförmige Rohrform ein. Diese bietet nicht nur mehr Fahrkomfort bei höherer Seiten- und Verwindungssteifigkeit, auch ist das spezielle Profil schlagfester bei seitlichen Schlägen, wie sie in der Praxis vornehmlich auftreten.
Eine wesentliche Weiterentwicklung gegenüber anderen Modellen in der Simplon Modellpalette, sind die so genannten Hotmelt-Hochmodul-Kohlenstofffasern. Diese Fasern werden bei Toray in Fernost exklusiv für Simplons Prepregs eingesetzt. Dabei wird komplett auf Lösungsmittel im Epoxidharz verzichtet. Durch dieses, in der Fahrradindustrie bis dato weitestgehend unbekannte Hotmelt-Verfahren für die Prepreg-Herstellung und der Einsatz von Nanopartikel in der Harzmatrix, erreicht Simplon nochmals verbesserte Festigkeitswerte.
Bei näherer Betrachtung fallen einem die leicht gebogenen Sitzstreben in Kombination mit den speziell geformten Kettenstreben ins Auge. Der von Simplon patentierte Vibrex® Hinterbau erhöht die Stoßdämpfung und verbessert so mit den Fahrkomfort. Dies macht sich vor allen Dingen bei Fahrbahnunebenheiten, oder langen Kopfsteinpflasterpassagen bemerkbar. Ein klassischer Alurahmen tänzelt über die Steine, das Pavo aber läuft komfortabel wie auf Schienen. Trotzdem sind der Hinterbau und der Tretlagerbereich sehr verwindungssteif. Einem beherzten Zwischensprint steht also nichts im Wege.
Ausgestattet war unser Testbike mit der neuen SRAM Force Schaltgruppe und Mavics Ksyrium ES Laufradsatz, welchen man optional aus Simplons breit gefächertem Baukastenprinzip wählen kann.
Vorbaulänge und Lenkerbreite können selbstverständlich in verschiedenen Größen geordert werden. Diese Kombination bestand am Testrad aus Syntace´ Racelite Carbon und einem Syncros Factory FLS Vorbau. Leider muss man sagen, dass der Flair von Syncros längst verflogen ist und dieser Vorbau leider nicht recht ins Gesamtbild des hervorragend vormontierten und eingestellten Rades passen will. Extrem scharfkantige Klemmungen an Lenker und Gabelschaft graben sich sehr schnell ins Material, eine Montage des Lenkers ohne Kratzer ist kaum möglich. Gut das der Syntace Lenker hier durch ein Titanmesh etwas geschützt ist. Ein F119 aus gleichem Hause passt vielleicht nicht optisch genau ins Bild des Rades, ist aber technisch über alle Zweifel erhaben und sicher die bessere Wahl. Der einigste gravierende Kritikpunkt an diesem Rad!
Der Zero Stack Steuersatz von FSA ist beim Einsatz in einem Rennrad über alle Zweifel erhaben und wird sicher ein langes Leben führen. Wenn er nicht vorzeitig gegen etwas leichteres ausgetauscht wird. Denn dazu lädt der mit nur 874 Gramm in Rahmenhöhe 56cm schwere Rahmen nur allzu gerne ein. Eine optimale Basis also, um schnell die sechs Kilogrenze zu unterschreiten und die fünf vor dem Komma in Angriff zu nehmen.
In der Sitzzone ist, neben der optisch sehr gelungenen hauseigenen Carbonstütze, ein Selle Italia SLR Flow montiert, welcher nicht nur sportlich aussieht, sondern auch mit sehr gutem Sitzkomfort brilliert.
Um die schon erwähnten Ksyrium ES Laufräder, schlingen sich Ultremos aus dem Hause Schwalbe, welche wir parallel einem Langzeittest unterziehen. Auch an diesem Rad hatten wir während unseren rund 2000 Testkilometer nicht einen einzigen Platten. Dafür aber wieder einige tiefe Schnitte bis zum Vectran-Gürtel. Des Weiteren raubte einem ein leichter Höhenschlag auf hervorragendem Asphalt stellenweise den Nerv! Auch mehrmaliges Demontieren half an dieser Stelle nicht weiter.
Wie schon erwähnt kam das Pavo in einem perfekt eingestellten Zustand. Alle Hüllen waren passend abgelängt, am Steuerrohr durch Silikonschläuche versehen um nicht selbiges zu verkratzen. Die Gänge rasteten sehr gut und flüssig ein, die SRAM Kette lief aber im Gegensatz zu vergleichbare Shimano oder Campa-Ketten nicht allzu geräuscharm.
An der Waage hängend macht das Pavo einen sehr guten Eindruck. 6.45kg ohne Pedale, dafür mit größtenteils Großserienkomponenten. Ein hervorragender Wert. Nicht zu letzt ist dies auf das Herzstück, dem 1169 Gramm leichten Rahmenset zurück zu führen. Die S9 Gabel mit ihrem breitflächigen Gabelscheiden und den Carbonausfallenden ist äußerst steif und nur 295 Gramm schwer.
Motivationshilfe auf dem Oberrohr: You can do it! – In jeder Hinsicht!
Zum Fahrverhalten. Durch das leichte Systemgewicht ist das Rad äußerst schnell zu beschleunigen und leichtfüßig um enge Kurven zu zirkeln. Die Sitzposition ist als sehr komfortabel zu bezeichnen und resultiert in einem sehr ausgewogenem Handling und Fahrkomfort. Man hat immer das Gefühl noch eine Schippe mehr auflegen zu können. Und wenn man sich dazu hinreißen lässt, kommt nie das Gefühl auf, dass unnötig Energie im Rahmen verpufft. Also genau was ein ambitionierter Radsportler sucht. Gerade an steilen Rampen macht das Pavo unheimlich Spaß. Bestechende Leichtigkeit mit dem man schnell an Höhenmeter gut macht, vorausgesetzt die Ausdauer des Fahrer limitiert nicht wie so oft dieses Vorhaben.
Der Lenkkopfbereich des Rades ist wie die verbaute Vollcarbongabel immens steif, Lenkmanöver seien sie noch so harsch gefahren, folgt das Rad bereitwillig. Simplons Pavo ist damit kompromisslos auf Vortrieb ausgelegt. Die Kraftübertragung ist direkt und verleitet wie schon erwähnt zu einem Zwischensprint mit den Radkollegen. Aber Vorsicht! Die Ausrede, es läge am Material wenn es mal wieder nicht zum Sieg beim Ortsschildsprint gereicht hat, zieht in diesem Fall nicht mehr!
Simplon bietet das Pavo in dreizehn verschiedenen Grundmodellen an. Darüber hinaus sind verschiedene Ausstattungsvarianten und Laufräder nach Wahl möglich. Das Simplon Individualsystem ermöglicht somit eine Anpassung an die jeweiligen Kundenwünsche und Geldbeutel. Und das Schönste dabei: Simplon liefert binnen 1 – 5 Tagen nach Bestelleingang aus!
Shimano Dura Ace 20 Full Size | 20 Compact | 3-fach
Shimano Ultegra 20 Full Size | 20 Compact | 3-fach
Campagnolo Record 20 Full Size | 20 Compact
Campagnolo Chorus 20 Compact
Campagnolo Centaur 20 Compact
SRAM Force 20 Full Size | 20 Compact
SRAM Rival 20 Compact
Erhältliche Größen: 50 – 53 – 56 – 59 – 62 – 65 cm
Ausstattung Testrad:
Rahmen: HotMelt NanoCarbon
Gabel: Simplon S9 HotMelt NanoCarbon
Gruppe: SRAM Force 20-fach Compact
Sattel: Selle Italia SLR KIT Carbonio Flow
Sattelstütze: Simplon Carbon ROD V2
Steuersatz: Zero Stack FSA 1-1/8″
Vorbau: Syncros Factory FLS
Lenker: Syntace Racelite Carbon
Laufräder: Mavic Ksyrium Elite (Standardausstattung) Testrad ist mit Option Ksyrium ES Laufrädern ausgestattet
Reifen: Schwalbe Ultremo
Gewicht des Testrads: 6.45 kg (RH56, ohne Pedale)
Der Preis unseres Testrades Simplon Pavo Force 20 Compact liegt bei 4.579 Euro. Darin sind die optionalen Ksyrium ES mit 480 Euro Aufpreis enthalten.
Fazit: Simplon ist mit dem Pavo auf Anhieb eine Punktlandung gelungen und hat berechtigte Chancen ein Top-Seller im Bereich der Oberklasseräder zu werden. Hervoragende Fahreigenschaften, leichter und extrem steifer, aber gleichzeitig auch komfortabler Rahmen, gepaart mit beindruckenden inneren und äusseren Werten. Einzig allein mit einer kleinen Schwäche in der serienmäßigen Ausstattung. Trotzdem, ein High-End-Bike zu einem bezahlbaren Preis – Perfekt!