Jason/madcow von Fair Wheel Bikes hat sich die Zeit genommen, um ein persönliches Review über die populärsten Rennrad-Tuningbremsen zu erstellen und hat dabei sowohl bereits am Markt erhältliche Produkte wie Ax-Lightness Orion, M5 oder Zero Gravity Ti als auch Neuerscheinungen in Form der Negative Gravity sowie die kurz vor der Veröffentlichung stehenden KCNC berücksichtigt.
Zu beachten ist, da es sich um ein persönliches Review ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit handelt, dass sich die Testergebnisse mitunter nicht abstrahieren lassen bzw. die Punktvergabe für schwerere Fahrer unter Umständen anders ausfallen mag. Jason selber bringt knapp unter 60kg Lebendgewicht auf die Waage.
Die Wettbewerber:
Um den Vergleich transparenter zu gestalten, verstehen sich die angegebenen Gewichte jeweils auf das Paar Bremsarme ohne Bremsschuhe oder Bremsbeläge. Die Tests selber wurden ausschließlich in Kombination mit gelben Swissstop Yellow King Bremsbelägen durchgeführt. Getestet wurden die folgenden Bremsen: Ax-Lightness Orion, Kcnc, M5, Zero Gravity Negative Gravity und Zero Gravity Ti.
Allgemeine Charakteristika (in alphabetischer Reihenfolge):
Ax-Lightness Orion:
Mit Gewissheit die Seltenste in diesem Testfeld, zugleich aber auch gleichzeitig an den meisten Bikes die Bestaussehendste. Die Leistungsfähigkeit ist, angesichts dass es sich um eine Eingelenks-/Single Pivot Konstruktion handelt, durchaus überraschend und binnen der letzten zwei Jahre in Benutzung ist die Bremse auch nie negativ aufgefallen. Es ist selbstverständlich die leichteste Bremse – nicht nur in diesem Testfeld, sondern derzeit auch am Markt. Eine flache Feder bedingt eine sehr leichte Vorspannungseinstellung. Der spezielle Kabelklemmmechanismus funktioniert ziemlich gut in Kombination mit herkömmlichen Stahlzügen, bedarf jedoch einiger Kreativität, um die Kompatibilität mit Nachrüstprodukten á la PowerCordz zu gewährleisten. Die Stellschrauben für die Kabelspannung sind lang und bieten den breitesten Verstellbereich im Testfeld. Trotzdem es sich nicht um ein herkömmliches Design handelt, ist die Montage und Ausrichtung ziemlich einfach. Die Schwachpunkte dieser Bremse ist ihr durchschnittliche Bremskraft sowie ihr Preis.
Kcnc:
Die neueste Bremse in diesem Test, die erst in Bälde auf den Markt erscheinen wird. Dem ersten Anschein nach jeder gewöhnlichen Dual Pivot Bremse ähnelnd, weist diese Bremse ein einzigartiges Merkmal auf: einen Stift am vorderen Arm, der durch einem Kanal auf dem hinteren Arm gleitet und so gewährleistet, dass sich beide Arme gleichzeitig und gleichmäßig bewegen. Ein weiteres ansprechendes Feature ist, dass die Bremse in verschiedenen Farben erhältlich sein wird. Die meisten ihrer Eigenschaften sind ausgewogen: sie erzielt nicht allzu viele absolute Topwertungen in den einzelnen Kategorien, weiß sich aber in fast allen in der Spitzengruppe zu positionieren und sich sichert sich somit wohlmöglich den Titel der ausgewogensten Bremse im Test.
M5:
Beinahe die schwerste Bremse in diesem Test, ist die M5 auch gleichzeitig das Kraftpaket. Ihre Bremskraft sucht in diesem Testfeld ihres Gleichen und erreicht sogar das Niveau von Shimanos Dura Ace Bremsen. Ohne Berücksichtigung der anderen Aspekte dieses Tests, ist dies definitiv die Empfehlung für schwerere Fahrer.
Negative Gravity (Neg G):
Zero Gravitys Antwort auf die Kritiker, die ihrer Ti Version mangelnde Bremskraft vorgeworfen hatten. Ein vergrößerter Zangendurchmesser, eine Veränderung der Form als auch eine Erhöhung des Übersetzungsverhältnisses des Umlenkhebels resultieren in einer deutlich höheren Bremskraft. Der Kompromiss? Das Gewicht – sie ist die schwerste Bremse im Test.
Zero Gravity (ZG):
Zero Gravity als die älteste Bremse in diesem Test, hat mindestens ebensoviele Kritiker wie Befürworter. Sie war eine der ersten Bremsen, die ihr Übersetzungsverhältnis durch die Implementierung eines Umlenkhebels erhöht hat. Sie ist außer Frage eine ordentliche Bremse, fraglich wird jedoch sein wie sie gegenüber den weitaus jüngeren Vertretern in diesem Test bewährt. Nagt der Zahn der Zeit schon an ihr?
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Eigenschaften und Vergleich:
Ein kurzer Umriss des Bewertungssystems: um ein finales Ranking der Bremsen zu erhalten wurden verschiedene Kategorien in Betracht gezogen und in die Wertung mit aufgenommen, die Jasons Empfinden nach für eine Entscheidungsfindung ausschlaggebend sind. Der Sieger einer jeder Einzelkategorie erhält dabei jeweils 5 Punkte, die schlechteste Bremse jener Teildisziplin 1 Punkt. In () neben der Kategoriewertung steht die bis dahin kumulierte Gesamtpunktzahl. Da dies ein persönlicher Erfahrungsbericht ist, sei wie zu Anfang darauf hingewiesen, dass hier nicht der Anspruch auf eine Allgemeingültigkeit oder Übertragbarkeit erhoben wird. Da es sich hierbei um einen Bremsentest handelt, geht die Bremskraft mit doppelter Wertung in das finale Ranking ein. Falls jemanden die eine oder andere Kategorie nicht zusagt, kann der geneigte Leser einfach jene Kategorie aus der Wertung ausklammern und die Punktevergabe auf dieser Grundlage neu kalkulieren.
Vergleichstest
Wettbewerb 1: Bremskraft
Da eine Bremskraftbewertung von den Erwartungen und Ansprüchen des Fahrers abhängt, erfolgte das Ranking in dieser Kategorie als eine Kombination aus Bremsarmsteifigkeit und Übersetzungsverhältnis (obwohl andere Faktoren selbstverständlich auch eine Rolle spielen). Die Bewertung hängt davon ab wie hart der Bremshebel gezogen werde musste, um einen Nose Wheelie zu machen und so dann einige Male auf dem Vorderrad zu hüpfen. Schwächere Bremsen werden frühzeitiger ausrollen.
Resultate:
M5, 5×2 ( 10 )
Neg G, 4×2 ( 8 )
Kcnc, 3×2 ( 6 )
Ax, 2×2 ( 4 )
ZG, 1×2 ( 2 )
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Wettbewerb 2: Dosierbarkeit
Die Dosierbarkeit der im Test befindlichen Bremsen war bis auf ein Paar Abweichungen auf sehr ähnlichem Niveau. Der Unterschied zwischen dem Erst- und Zweitplatzierten war am engsten, mit minimalen Vorsprung für die Negative Gravity. Bei sehr harten Bremsungen, bei denen versucht wurde so schnell wie möglich zum Stand zu kommen, ohne dabei das Rad zu blockieren, war die Negative Gravity einfach ein kleines wenig überzeugender. Die M5 am anderen Ende des Spektrums schien lediglich Vollbremsung oder keinerlei Bremswirkung zu kennen, wenngleich dies mitunter dem Gewicht des Testfahrers zuzuschreiben ist.
Resultate:
Neg G, 5 ( 13 )
Kcnc, 4 ( 10 )
Ax, 3 ( 7 )
ZG, 2 ( 4 )
M5, 1 ( 11 )
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Wettbewerb 3: Gewicht
Ax 96,3g, 5 ( 12 )
Kcnc, 114,2g, 4 ( 14 )
ZG 135,8g, 3 ( 7 )
M5 154,0g, 2 ( 13 )
Neg G 164,2g, 1 ( 14 )
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[b]Wettbewerb 4: Freilauf[/b](Bein, Reifen, Bremsschuhaufnahmenabstand und Schnellentspannung). Als folgt einige erhobene Daten, angegeben im folgenden Format: Abmessungen Breite x Höhe / Abstand der Innenseiten der Bremsschuhbefestigungsaufnahmen x Reifenfreiraum vom untersten Bremsschuhbefestigunspunkt zur Unterkante des Lotes (innere Ecke) / Schnellentspannung: ja oder nein
Ax 82mm x 94mm / 60mm x 45mm / ja
Kcnc, 81mm x 103mm / 60mm x 43mm / ja
M5 102mm x 104mm / 59mm x 43mm / nein
Neg G 88mm x 67mm / 55mm x 42mm / ja
ZG 72mm x 79mm / 62 x 43mm / ja
Die Grundlage für ein Ranking gemäß dieser Dimensionen gestaltete sich ein wenig komplizierter. Es wurde sich auf folgende Bewertung geeinigt:
M5 wurde aufgrund fehlender Schnellentspannung und der ausladendsten Abmessungen im Testfeld an 5. Stelle gesetzt, da hier am ehesten die Beine mit den Bremsarmen kollidieren können. Außerdem weist die Bremse den zweitgeringsten Reifenfreiraum auf.
Neg G kam auf den 4. Platz. Während sie sehr kleine allgemeine Abmessungen aufweist, hat sie jedoch gleichzeitig auch den geringsten Reifenfreiraum vorzuweisen und nebst ihrer Schwester ZG auch noch die geringste Zangenbewegung zwischen Ruhezustand und voll angezogener Bremse.
ZG wurde an 3. Stelle gesetzt. Während sie die besten Außen- und noch gute Innenabmessungen aufweisen konnte, hat sie, wie schon zuvor bei der Neg G moniert, die geringste Bremsarmbewegung, als auch eine Schnellentspannung, die die Bremse am geringsten unter allen im Test befindlichen Schnellspannmodellen öffnet.
Kcnc platzierte sich an 2. Stelle. Durchschnittlich hinsichtlich äußeren als auch inneren Abmessungen, sowie ein durchschnittlichen Reifenfreiraum, jedoch gepaart mit einem Bremsarm, der sich mehr bewegt und einer Schnellentspannung, die sich weiter öffnet im Vergleich zu ZG.
Ax hat sich in dieser Kategorie den Platz an der Sonne gesichert. Eine der kompakteren Bremsen, jedoch immer noch mit massig Reifenfreiraum gesegnet, sowie einer sehr schnellen und effektiven Schnellentspannung als auch einem Bremszangenweg ausgestattet, der größer ist als bei allen anderen Mitbewerbern.
Resultate:
Ax, 5 ( 17 )
Kcnc, 4 ( 18 )
ZG, 3 ( 10 )
Neg G, 2 ( 14 )
M5, 1 ( 10 )
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Wettbewerb 5: Bremsschuhe & -beläge
Die verteilten Punkte basieren auf den Bremsschuhen und Bremsbelägen, die sich im Lieferumfang der Bremsen befinden.
Bei dem Erst- und Zweitplatzierten liegt ein Gleichstand vor – beide kommen jeweils mit gelben Swissstop Belägen in ansehnlichen Bremsschuhen. Beide erhalten somit fünf Punkte. Der Drittplatzierte wartet mit hübschen Bremsschuhen und ordentlichen Belägen sowohl für Aluminiumfelgen als auch Korkbelägen für Carbonfelgen auf. Der Viert- als auch Fünftplatzierte wird jeweils ohne Bremsschuhen oder Bremsbelägen ausgeliefert.
Resultate:
Neg G, 5 ( 21 )
ZG, 5 ( 15 )
Kcnc, 3 ( 21 )
Ax, 0 ( 17 )
M5, 0 ( 14 )
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Wettbewerb 6: Preis
Kcnc $300, 5 ( 26 )
Neg G $375, 4 ( 25 )
ZG $440, 3 ( 18 )
M5 $500, 2 ( 16 )
Ax $1200, 1 ( 18 )
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Wettbewerb 7: Montage und Wartung
Hier fließt die Einfachheit der Montage als auch die etwaige Notwendigkeit von Nachjustierungen bei Gebrauch ein. Einzelerklärungen der Bewertungen wie folgt:
ZG platzierte sich an 5. Stelle. Dies liegt daran, dass es ein Pein war, die Bremse mittig auszurichten und dann auch so ausgerichtet zu halten. Weiterhin weist die Bremse die Tendenz auf, dass die Federn aus ihren Führungen springen und die Arme über die Zeit Spiel entwickeln.
Neg G kam auf den 4. Platz. Sie schlägt die ZG lediglich aufgrund der Tatsache, dass hier allem Anschein nach die Federn besser in den Führungen zu halten scheinen.
M5 platzierte sich an 3. Stelle. Es war nicht allzu schwer sie zu montieren oder mittig einzustellen, jedoch wusste der Kabelklemmmechanismus nicht wirklich zu gefallen.
Ax kam auf den 2. Platz. Ein ungewöhnliches Design, jedoch relativ einfach zu montieren und ohne jeglichen Bedarfs an Nachstellungen sobald einmal eingestellt.
Kcnc sicherte sich den 1. Platz in dieser Kategorie. Eine der einfachsten Montagen aller Zeiten auf dem Niveau von Shimano-Bremsen. Einfach mittig zu montieren und blieb auch durch die gesamte Testphase hindurch mittig.
Resultate:
Kcnc, 5 ( 31 )
Ax, 4 ( 22 )
M5, 3 ( 19 )
Neg G, 2 ( 27 )
ZG, 1 ( 19 )
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Wettbewerb 8: Optisches Erscheinungsbild
Da dies weitgehend einer subjektiven Einschätzung unterliegt, wurden zu jeder Bremse die Meinungen einer 12-köpfigen Jury zu Rate gezogen. Da es sich hierbei um die letzte Kategorie handelt, sollte es ein Leichtes sein bei widersprüchlicher Auffassung die Gesamtpunktzahl seinen eigenen Präferenzen anzupassen.
Ax, 5 ( 27 )
Neg G, 4 ( 31 )
ZG, 3 ( 22 )
Kcnc, 2 ( 33 )
M5, 1 ( 20 )
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Somit ergibt sich folgendes finales Ranking:
Kcnc – 33
Negative Gravity – 31
Ax Orion – 27
Zero Gravity – 22
M5 – 20
Da es sich hier um einen subjektiven Testbericht handelt, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die Resultate an sich natürlich keineswegs allgemeingültig sind und bei anderen Testern durchaus anders ausfallen können.
Zusammenfassung gemäß des finalen Rankings:
Kcnc, ein ziemlich eindeutiger Sieger dieses Vergleichstests. Wie zuvor erwähnt ist diese Bremse zwar keineswegs perfekt, weiß jedoch durch ihre ausgewogene Kombination von Charakteristika zu überzeugen. Günstig, leicht, funktionell.
Negative Gravity, durchaus eine Überraschung, dass sich Zero Gravitys neuester Sprößling dermaßen weit vorne hat platzieren können. Diese Bremse sticht in mehreren Kategorien hervor: gute Bremswirkung, gute Dosierbarkeit, angemessener Preis und insbesondere auch sehr hohe Tauglichkeit für schwerere Fahrer. Gleichzeitig kommt sie auch schon von Haus aus mit sehr hochwertigen Bremsbelägen. Definitiv ein großer Fortschritt gegenüber der ZG, wenngleich selbiger mit einem nicht zu verachtendem Gewichtsnachteil erkauft wird.
Ax Orion, eher überraschend die Orion lediglich im Mittelfeld wiederzufinden, da davon auszugehen war, dass sie sich doch eher in der Spitzengruppe wird platzieren können. Wenn man sich jedoch die Kategorien vor Augen führt, die ihr eine bessere Platzierung verwährt haben als da wären Preis oder das Fehlen mitgelieferter Bremsschuhe oder -beläge, wird man erkennen, dass es sich hierbei nicht um Leistungsfähigkeitsdefizite handelt und wenn man eben jene Kategorien außerhalb der Erwägung lässt sich ein anderes Bild ergibt:
Ax 26
Kcnc 25
Neg G 22
M5 18
ZG 14
Das Tableau quasi komplett auf den Kopf gestellt. Es bleibt somit zu vermerken, dass wenn Geld bzw. der Preis kein entscheidendes Kaufkriterium sind, man die Ax Orion als DIE Leichtbaubremse schlechthin küren kann.
Zero Gravity. Noch immer einer sehr ordentliche Bremse, die jedoch nur zu gut aufzeigt wie schnelllebig die Industrie ist: vor einigen Jahren noch als Turmspitze der Leichtbaubremsen gefeiert, gibt es mittlerweile andere Designs, die aufgeschlossen und sogar überholt haben und ihr somit den Titel streitig machen.
M5. Ein trügerisches Finish dieser Bremsen. Leider waren die M5 Bremsen für besagten Testfahrer überdimensioniert und somit war es bereits im Vorhinein zu Ungunsten von M5 ein verzerrter Test. Diese Bremse weiß gerade bei schwereren Fahrern, die eine leichtere Alternative zu Record oder Dura Ace suchen, vollauf zu überzeugen. Dennoch hat die Bremse auch einige offensichtlichen Schwächen wie der Test aufgezeigt hat.
Dank an Nils Wiedemann für die Übersetzung.