LEW RACING PRO VT-1

In den vergangenen Wochen haben wir uns etwas näher mit zwei Arten von LEW Laufradsätzen beschäftigt. Zum einen mit einem Komplettradsatz PRO VT-1 mit Kohlefaserspeichen und rund 850 Gramm Gewicht, zum anderen mit einem Custom-Made Radsatz mit LEW Pro VT-1 Felgen, Tune Naben und DT Speichen, welcher uns von Adrien Gontier von rouesartisanales.com zur Verfügung gestellt wurde.

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Optisch liegen beide Laufradsätze meilenweit über der in der Vergangenheit oft bemängelten ungenügenden Verarbeitung. Beide Sätze sind fast frei von Einschlüssen im Laminat, welche in den letzten Monaten mehrfach aufgetaucht sind. Hier und da gibt es aber auch weiterhin eine – sagen wir mal – recht grobe Verarbeitung.

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Der Custom-Made Laufradsatz wurde mit bewährtem Material komplettiert. Adrien wählte für die rund 270 Gramm leichten Felgen Tune MIG70/MAG180 Pärchen und stellte die Verbindung zwischen diesen Naben und den Felgen mit gebundenen DT-Swiss Aerolite her.
Gewichtstechnisch liegt der Satz bei 1043 Gramm. Unauffällig und ausreichend steif verrichtete der Radsatz seinen Dienst bei unterschiedlichsten Bedingungen. Nach einigen Versuchen mit speziellen Bremsbelägen, wählten wir schlussendlich Swissstops grünes Modell, welches den besten Kompromiss aus Trocken- und Naßbremsverhalten darstellt.

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Im Gegensatz zu reinen Kohlefaserfelgen, kommen bei LEW zusätzlich Boronfaser zum Einsatz, welche gerade die Verarbeitung der Laminate recht schwierig gestaltet.

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Der Einsatz von Uli Fahls MIG45/MAG150 oder Bram Moens M5 Naben und die Reduzierung der Speichenzahl am Hinterrad auf vierundzwanzig würde das Gewicht schnell weit unter die 1000 Gramm Marke drücken. Der Preis für unsere Version liegt bei rund 1.550 Euro, der Einsatz von leichteren Naben lässt den Preis über die 2000 Euro Grenze schnellen.

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Minimales Ruckeln der Vorderradbremse und die recht flexiblen Felgenflanken sind indes die wirklichen Kritikpunkte an dem übrigens hervorragend eingespeichten Laufradsatz. Hier muss man leider dem geringen Gewicht der Felgen Tribut zollen. Ob da die neueste Ankündigung von unter 250 Gramm schweren und 46mm hohen Felgen sinnvoll erscheint (teilweise werden nur 235 Gramm erreicht!), bleibt jedenfalls dahingestellt. Ãœbrigens werden diese VT-1 B+ Felgen den Geldbeutel mit astronomischen 799 Euro belasten – pro Stück versteht sich! Trotzdem bietet unser getestetes Modell, gerade wegen der guten Einspeichqualität noch genügend Reserven um auch den harten Alltag zu überstehen.

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Ganz im Gegensatz zum Komplettradsatz von LEW. In unserem aktuellen Testrad, einem Storck Fasceanario 0.7 IS, befindet sich einer dieser extrem leichten Laufradsätze mit nur 850 Gramm in einer speziellen Storck Edition, erkennbar an einem blau eloxierten Tune-Freilauf.
Optisch weißt das Modell nur wenige Punkte auf, die es zu kritisieren gilt. So ist an manchen Stellen der Felge die Öffnung für die austauschbaren Kohlefaserspeichen recht großzügig ausgenommen und im Nachhinein mit Kleber verschlossen worden. Für ein gut 4.500 Euro teures Produkt nicht unbedingt angemessen.

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Die erste Ausfahrt machte sichtlich Spaß. So lassen sich sie sehr steifen Räder sehr schnell beschleunigen und zeugen von gutem Geradeauslauf. Sie neigen nicht zum Flattern, genauso wenig schleifen sie im Wiegetritt an den Bremsbelägen, wenngleich das Hinterrad einen merklichen Seitenschlag aufwies, welchen man dennoch mit den Bremsbelägen ausgleichen konnte, da die M5 Bremsen indes sowieso einen etwas größeren Abstand zu Felgenflanke brauchen, um die starke Bremskraft kontrollieren zu können.

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Das mittelhohe Profil der Felgen macht das Fahren bei hohen Windgeschwindigkeiten angenehmer und gutmütiger als bei der direkten Konkurrenz.

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Trotzdem hatten wir von Beginn an andere Probleme mit diesem Radsatz. Das extreme Bremsruckeln an Front und Heck bereitete erheblich Probleme bei hart angebremsten Kurven, oder urplötzlichen Stoppversuchen. Trotz Shimano Dura Ace Bremshebel und den sehr guten M5 Bremsen sind Bremsmanöver nicht immer leicht zu bewerkstelligen. Von nicht ausreichender Leistung, bis zum in der nächsten Sekunde Blockieren der Räder reicht die Palette an Überraschungen. Ein Grund dafür könnten die papierdünnen Felgenflanken sein, welche im Stand durch das Betätigen der Bremse einige Millimeter nachgeben und somit beim Bremsvorgang den Druckkräften der Bremsanlage nicht viel entgegenzusetzen haben. Zusätzlich wird der Bremsvorgang durch die großen Ventilaussparungen negativ beeinflusst. Zusammen wirken diese Dinge so stark, dass teilweise die eingeklebten Speichen entlastet werden und sich verwinden!

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Auch tragen die schon erwähnten großen Öffnungen für die Schlauchreifenventile, welche fast eine ganze Bremsbelaglänge einnehmen, ihr Übriges dazu bei, dass die Laufräder nicht über eine verbesserungswürdige Bremsperformance hinauskommen.

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Im nachfolgenden Video ist die Verformung der Bremsfläche beim Betätigen der Bremse mit mittlerer Handkraft zu erkennen:

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Ein weitaus größeres Problem trat nach nur rund 200 Testkilometer auf und führte schlussendlich zum Totalausfall. Ein Knacken und Knarzen im Heck ließ nichts Gutes verlauten. Eine Untersuchung bei ausgebautem Hinterrad ergab, dass die hauseigene Kohlefaserachse kurz hinter dem Freilauf – schon im eigentlichen Nabenkörper – gebrochen, bzw. angebrochen ist. Ein kompletter Bruch wie bei diesem Modell konnten wir nicht feststellen, dennoch ist die Achse im besagten Bereich zu ¾ abgeschert. Ebenfalls ist zu mutmaßen, dass die Achse dasselbe Problem mit wechselnden Wandstärken hat – von einer Demontage haben wir aber aus garantierechtlichen Gründen erst einmal abgesehen.
Der komplette Freilauf mit Kassette lässt sich radial um die Achse bewegen und zeugt von der beschädigten Achse. Nur die Fixierung der Nabe mittels Schnellspanner in den Ausfallenden konnte Schlimmeres während der Fahrt verhindern.

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Die unterschiedliche Wandstärke der Felgen:

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Fazit: Während die einzelnen Felgen gepaart mit bewährten Tune-Naben eine recht solide Leistung abliefern und damit einen Kauftipp erhalten, fällt der Komplettradsatz umso mehr ab. Es treten Probleme auf, die bei einer Serienproduktion – sei es auch in Handarbeit – einfach nicht zu entschuldigen sind. Der Kunde spielt hier letzten Endes klar das Versuchskaninchen. Preistechnisch gesehen liegen die Räder schon auf weltmeisterlichem Niveau, technisch gesehen besteht indes noch einiges an Nachholbedarf um diesem Anspruch gerecht zu werden…

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